Nachtfotografie
Ich berichte hier reinweg über meine Erfahrungen, spreche daher nicht für andere. Manchen mag das einfacher von der Hand gehen, gewisse Dinge selbstverständlich erscheinen, die ich mir nach und nach angeignet habe.
Verwacklungen vermeiden
Nachts macht man fast immer Langzeitbelichtungen. Kleinste Verwacklungen führen hier bereits zu Unschärfe und damit zum Ausschuss. Man sollte darauf peinlichst achten und sauber arbeiten.
- Stativ nutzen und stabil stellen
Das ist eigentlich klar, trotzdem sollte man immer schauen, dass der Untergrund fest und jede Schraube festgezogen ist.
Die meisten Stative haben Teleskop-Beine, die untersten sind schwächer als die oberen. Wenn man das Stativ nicht voll ausziehen muss, sollte es man es zugunsten der Stabilität vermeiden.
Wer nicht ein 5 Kilo-Manfrotto mit sich rumschleppen will, greift zum Reisestativ. Der Nachteil der Reisestative ist, dass sie natürlich nicht ganz so stabil stehen, hier kann man mit einem kleinen Trick nachhelfen. An der Mittelsäule befindet sich meist ein Haken, wo man z.B. die Fototasche anhängen und somit für einen stabileren Stand sorgen kann. - sofern vorhanden, Spiegelvorauslösung nutzen.
Hierbei klappt der Spiegel ein paar Sekunden früher nach oben, so dass er bei der Aufnahme bereits ausgeschwungen ist und nicht mehr zur Unschärfe führt. - Fernauslösung oder Selbstauslöser
Hierbei gibt es viele Möglichkeiten , z.B. via bei IR-Fernbedienung (für meine Nikon gab es die aus China für 2 Euro). Mein altes Handy hatte auch einen IR-Sender dran, so dass man per App die Kamera auslösen konnte. Einige bessere Kameras bieten interne oder extern separat zu erwerbende WLAN-Module an. Das kann ich nur wärmstens empfehlen, darüber kann man nicht nur die Kamera auslösen sondern ganze Belichtungs-Programme fahren. Dafür nutze ich die App qDSQLDashboard. Einige nutzen Kabelauslöser. Hat man alles nicht zur Hand kann man auch den Selbstauslöser nutzen. Man sollte zumindest nie per Hand auslösen, da man doch die Kamera um ein Mini-Mü nach unten drückt. - Wichtig, Bildstabilisator ausschalten , egal ob an Kamera oder Objektiv
Scharf stellen
- bei beleuchteten Objekten ist das kein Problem, es kann der Autofokus genutzt werden.
- bei Sternenfotografie hingegen ist es meist so dunkel, dass die Fokussierung allgemein sehr schwierig ist. Mit etwas Glück gibt es weit entfernte angestrahlte Objekte (wie Mond, weit entfernte Häuser) auf die man per Autofokus fokussieren könnte. Wenn nicht, wird es etwas schwieriger. Es bleibt einen nichts anderes übrig als das Objektiv manuell zu fokussieren. Besonders geeignet ist die 100% Anzeige im Liveview, man dreht solange am Fokusring bis die Sterne sichtbar werden und dreht diesen vorsichtig weiter der Sternen-Punkt am kleinsten ist. Überhaupt, sollte man die 100% Anzeige im Liveview immer als Kontrolle nutzen.
Motivausschnitt
- wenn genug Licht vorhanden ist, einfach Liveview einschalten und schauen dass das das Motiv einigermaßen gerade ist. Einen kippenden Horizont kann man zwar korrigieren, aber führt auch zu Verlust der Bildqualität.
- störende Lichtquellen
Besonders starke Lichtquellen (z.B. Straßenlaternen) am Rand des Bildes führen zur den sogenannten Blendenflecken (eng. Lens Flares). Die sind je nach Objektiv und Linsenvergütung ganz verschieden ausgeprägt. Mein Sigma 17-50/F2.8 zeigt hier seine Schwächen. Im Sucher oder auf dem Display merkt man davon kaum etwas, schlimmstenfalls sieht man die Bescherung erst auf dem Rechner zu Hause. Daher sollte man darauf bereits vor Ort achten und auch mal in die Aufnahmen reinzoomen. - bei Sternenfotografie ist der Blick durch den Sucher sinnfrei. Ich stelle bei LiveView die höchste ISO-Zahl ein, blende den Kompass ein und fange an die Kamera entsprechend einrichten.
- auch nach Sonnenuntergang entstehen die schönsten Bilder Richtung Sonne (Verlauf im Himmel)
Einstellung der Blende
- man sollte sein Objektiv gut kennen. Jedes Objektiv hat je nach Qualität und Bauart seine Schwächen und Stärken. Z.B. ist mein Nikkor 20 1.8g ist erst ab Blende 5,6 bis zum Rand hin scharf, ab Blende 11 lässt die Schärfe allgemein nach. Hierbei empfehle ich die Seite https://www.dxomark.com/Lenses
- bei Lampen und Lichtern, die direkt ins Objektiv scheinen, lohnt es sich einen größeren Blendenwert (kleinere Blendenöffnung) zu nehmen, denn dann entstehen wunderbare Sterne um die Lichter. Bei kleinerem Blendenwert hat man meist nur eine diffuse Aura.
- bei Motiven mit recht weitem Motiv von Vordergrund zu Hintergrund, sollte man sich Gedanken über die Tiefenschärfe machen. Je größer der Blendenwert (je kleiner die Blendenöffnung) umso mehr Tiefenschärfe erreicht man. Mit Blende 8-11 sollte man gut auskommen.
- bei Sternenfotografie hat man oft keine andere Wahl als einen kleinen Blendenwert (große Blendenöffnung) zu nehmen um eine möglichst kurze Verschlusszeit zu erreichen. Da der Himmel ohnehin unendlich weit weg ist, spielt die Tiefenschärfe erst eine Rolle, wenn man Objekte am Horizont scharf bekommen möchte. Ich habe es noch nicht probiert, aber hier könnte man zusätzlich weitere Aufnahmen machen, wo man auf die Objekte im Vordergrund fokussiert und sie am Computer mittels Stacking zusammensetzt.
Einstellung des Dateiformats
- keine Frage - natürlich RAW !
Ich habe bei der Nikon selten erlebt, dass der automatische Weißabgleich stimmt. Selbst Werte um die 3000 K sind nur Schätzwerte. Rauschen und Schärfe prüfe und justiere ich lieber im Postprozessing am großen Monitor. Bei der Nikon D7200 war das Potential noch nicht so riesig, aber bei der D750 hat man noch gute Zeichnung in den Tiefen, die man bei der RAW-Entwicklung ans Licht bringen kann.
Sonstige Einflüsse
- Mond
Der Mond mal störend - mal bewusst fotografiert. Sterne fotografiert man am besten in völliger Dunkelheit, jede andere Lichtquelle stört. Die Milchstraße lässt sich kaum bei Vollmond ablichten. Wenn man Mond dagegen explizit fotografieren möchte, sollte man schauen, wann der nächste Supermond (Perigäum) zu sehen ist und wann er Nahe am Horizont steht. Aber Achtung, Mond und Erde bewegen sich, bei Langzeitaufnahmen, verschwimmt der Mond.
Hier ein guter Link zu den Mondphasen https://www.timeanddate.de/mond/phasen/deutschland/leipzig - Uhrzeit
So banal das gerade klingt. Im Winter hat man von der blauen Stunde effektiv nur 10 Minuten. Auch sollte man Zeit einplanen um die Gegend zu erkunden, die Punkte ablaufen, wo man die besten Motive hat und braucht es ein bisschen bis die Kamera samt Stativ aufgebaut ist und die Einstellungen passen. Ein weiterer wichtiger Punkt. Straßenlaternen, Beleuchtung von Objekten schalten sich bei Dämmerung oder per Zeitschaltung dazu. Das trägt wesentlich zur Bildwirkung bei. Daher ist es nicht unwesentlich, wann diese eingeschalten werden. - Wetter
Bei Langzeitaufnahmen, möchte man meist eine scharfe Abbildung. Blätter, Zweige die im Wind wippen, stören da eher. Bei bewölktem Himmel wirkt die blaue Stunde kaum. Bei Regen dagegen können gerade in der Stadt interessante Bilder entstehen. Dunst, Nebel, Staub sorgen für Unschärfe. Man sollte sich also vorher überlegen, was für Aufnahmen entstehen sollen und ob das Wetter passt. - Verkehr
Autos, Fahrräder hinterlassen Leuchtspuren. Wenn das nicht gewollt ist, sollte man schauen, dass man eine verkehrsberuhigte Zeit erwischt. - Lichtverschmutzung
Leider wohne ich einer Großstadt. Hier gibt es nur wenige Sterne am Firmament. Ich fand eine interessante Karte zur Lichtverschmutzung unter https://blue-marble.de. Auf dem Handy nutze ich derzeit die App Dark Sky Map und bin zufrieden damit.
Utensilien
- Man sollte immer irgendeine Art von Taschenlampe bei sich haben. Auch wenn es blöd aussieht, ich habe immer eine kleine Stirnlampe auf. Für unterweges ist eine helle Lampe sehr praktisch, um sich zu orientieren. Beim Fotografieren ist weißes helles Licht ungeeignet. Das Auge benötigt sehr lange (20-30 Minuten) um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, idealerweise nimmt man hier eine Taschenlampe bzw. Stirnlampe, die rotes (Dauer) Licht beherrscht. Im Internet gibt es viele Empfehlungen, hier kann man auch 100 € lassen, wenn man das möchte. Jeder hat andere Ansprüche (regenfest, dimmbar, ...). Mir war wichtig, dass sie getrennte Aussschalter für rotes und weißes Licht hat. Nichts ist ärgerlicher wenn man sich durch Weißlicht klicken muss um ans Rotlicht zu kommen, dann ist die Augenadaption wieder hin. Außerm mag ich lieber interne Akkus als Batterien. Ich habe mir eine preiswerte (14 €) von einer Noname-Firma zugelegt und bin zufrieden.
- Wenn es kälter ist, wärmere Sachen als sonst. Als Fotograph steht man viel.
Sonstige Probleme
Kälte, Feuchtigkeit, Kondenswasser
Im Herbst 2018 erblickte ich einen wunderschönen Sternenhimmel, der Orion war klar sichtbar. Laut App photopills müsste sogar die Milchstraße sichtbar sein. So fuhr ich nachts zu einer wenig befahrenen Straße. Der Plan war, die Milchstraße, den Orion im Bild und ein paar Leuchstreifen von Autos zu kombinieren. Alles lief glatt Was ich nicht bemerkte, wie die Linse mit Kondenswasser beschlug. Das sah ich erst zu Hause auf dem Rechner. Ich belas mich ein bisschen. Das passiert, wenn die Oberflächentemperatur der Objektiv-Frontlinse geringer als die Umgebungstemperatur ist. Hier bietet sich eine Objektivheizung an. Welche da in Frage kommt, weiß ich auch noch nicht ;-) Es gibt Heizbänder und Taukappen. Da der Fokusring an dem Nikon 20 1.8 sehr leichtläufig ist, eignet sich eine Taukappe vll. besser.
Planung
Wenn man sich nicht auf Glückstreffer verlassen möchte, sollte man die Fototour planen. Dazu gehört
- Wettervorhersage prüfen
- bei Astrofotografie sind Lichtverschmutzung und Mondphase wichtig
- wenn man sich eine Location rausgesucht hat, nach Möglichkeit diese auch mal am Tag erkunden.